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Von der Liebe, Sanftmut und Geduld

Lebensübungen > Himmlisch oder höllisch?
GEJ2 Kapitel 166. - Von der Liebe, Sanftmut und Geduld

1] Sagt die Jarah so halblaut, ein wenig betroffen: „Nun ja, wenn also, dann muß es wohl freilich recht sein; hättest du mir das früher gesagt, so hätte ich dir sicher nichts eingewendet! So man bei der bekannten Unantastbarkeit der Freiheit des menschlichen Willens durch alle möglichen sanften Mittel nichts auszurichten imstande ist, dann bleibt wohl freilich nichts mehr übrig, als ein schlimmes Mittel in Anwendung zu bringen. Nun, nun, wir werden uns schon noch verstehen, nur mußt du nicht gleich so heftig werden! In sanfter Redeweise gefällst du mir sehr; aber wenn du, mit deinen Worten dich förmlich überstürzend, heftig wirst, dann ist aus deinem Munde selbst die reinste Wahrheit nicht gut anzuhören.
2] Ich meine denn also, daß in der Folge wenigstens auch alle noch so vollkommenen Geister der Himmel sich also zu reden bemühen sollten, wie da redet der Herr und Schöpfer aller Geister, Sonnen, Welten und Menschen! Des Herrn Rede in noch so ernsten Dingen klingt gleichfort so sanft, als wie sanft da ist die Wolle eines Lammes, und Seine Worte fließen wie Milch und Honigseim. Also aber sollte sich dann auch ein jeder Lehrer und Führer nach Ihm richten; denn in einem sanften Redeton liegt nach meiner Beurteilung dennoch stets die größte Kraft! Wer da schreit und heftig spricht, der beleidigt oft, wo er eigentlich heilen wollte. Sieh an das gleich freundliche Angesicht des Herrn gegen Freund und Feind; und wen kann es wundernehmen, wenn Kranke gesund werden, wenn Er sie nur ansieht?! Also, mein liebster Raphael, mußt auch du sein in Rede und Tat gegen mich und gegen jedermann, dann wird jeder deiner Tritte über diese Erde hin von Segen triefen!“

3] Darauf ziehe Ich die Jarah an Meine Brust und sage zu allen, die hier gegenwärtig sind: „Das ist bis jetzt Meine vollendetste Jüngerin, zu der Ich wahrlich Meine Engel in die Schule senden kann; denn diese hat Mich am tiefsten ergriffen und lebendigst aufgefaßt. Aber sie besitzt darum Meine Liebe auch im vollsten Maße.
4] Wahrlich, so ihr hinausgehen werdet und werdet lehren die Völker in Meinem Namen, da gedenket der Worte, die dies überliebe und zarte Mägdlein nun zu Meinem Engel geredet hat, und eure Schritte und Tritte werden von allem Segen begleitet sein! Seid geduldig und in allem voll Sanftmut, so werdet ihr den vollsten Segen streuen in die Herzen der Menschen! - Aber Mein Engel Raphael mußte also reden, damit er diese Meine allerliebste Jarah zu der gegebenen Lehre verlockte; im übrigen aber ist er ebenfalls so sanft wie eine sanftkühlende Abendluft und so weich wie die zarteste Wolle eines Lammes.“

5] Diese Worte merkten sich alle wohl und waren vollkommen damit einverstanden. Nur der Hauptmann bemerkte und sagte: „Dies ist alles göttlich, rein und wahr; aber so ich eine zu sanfte Sprache redete mit meinen Soldaten, so würde ich damit wohl eine schlechte Figur machen, und die Soldaten würden mir kaum gehorchen! So ich aber so recht zu blitzen und zu donnern anfange, da geht dann alles gut und sicher!“
6] Sage Ich: „Es ist hier aber auch nicht so sehr von einer äußeren als vielmehr von einer inneren, wahren Sanftmut die Rede. Wo es absolut nötig ist, von der himmlischen Schlimmheit einen weisen Gebrauch zu machen, da tue man das; denn die eigentliche Regel aller Weisheit ist: ,Klug sein gleich den Schlangen und dabei dennoch sanft gleich den Tauben!‘“

7] Sagt der Hauptmann überfreundlichen Angesichtes: „Herr, nun habe ich alles; also ist durch alle Himmel hindurch gerechtfertigt die Handlung eines Gerechten! Aber man muß dabei sich auch aufs Rechnen verstehen, auf daß man sich in der vermeinten Klugheit nicht verrechne, und da meine ich nach der Kunst des Euklid, daß man zu einer bestimmten Größe von Klugheit eine gleiche Größe von Liebe, Geduld und Sanftmut hinzuaddiert, und man wird dadurch ein fehlerfreies Resultat herausbekommen!“
8] Sage Ich: „Ja, ja, also wird die Rechnung am besten gestellt und des gesegnetsten Resultates vollkommen sicher sein, und alle Gerechtigkeit und jegliches Gericht wird darin seine volle Rechtfertigung haben! Das ist ein Grund, auf dem sich bauen läßt; wo aber kein Grund ist, da läßt sich auch kein Gebäude aufführen. Leget sonach allenthalben solchen Grund, bevor ihr bauen wollt, und eure Mühe wird keine vergebliche sein!

9] Ihr seid aus Gott und sollet daher auch in allem Gott gleich sein; Gott aber läßt Sich Zeit im Schaffen. 
Zuerst wird der Same, daraus der Keim. 
Aus dem Keime erst erwächst der Baum; 
dieser aber treibt zuerst Knospen, 
dann Blätter, 
dann Blüten 
und endlich erst die wohlschmeckende Frucht, 
in die abermals der Ursame gelegt ist und zur weiteren Fortpflanzung in der Frucht ausgereift wird.

10] Wie es aber zugeht mit einer Pflanze im kleinen, also geht es auch zu mit einer ganzen Welt. Die Sonne steigt nicht unangekündigt über den Horizont, und einem Sturme gehen allzeit warnende Boten voran, die allzeit wohl zu erkennen sind.
11] Wenn denn Gott Selbst in allen Dingen solch eine Ordnung des Nacheinanderwerdens allerstrengst und mit der größten Geduld und Ausharrung beachtet, so werdet wohl auch ihr, als Meine wahrhaftigen Jünger, Mir in allem dem Nachfolge tun, was Ich euch gezeigt und wozu Ich euch den Weg gebahnt habe, auf daß ihr nicht irre werdet am selbstgemachten Wege! - Habt ihr alle das wohl verstanden?“
12] Sagt der Hauptmann: „Herr, ich für meinen Teil habe alles wohl verstanden und glaube, daß sich unter uns wohl niemand mehr befindet, der diese übersonnenhellen Wahrheiten aus den Himmeln nicht verstanden hätte. Dir allein allen Dank und alle Ehre darum!“

13] Sage Ich: „Du meinst es wohl, daß diese meine Worte alle hier Anwesenden verstanden haben?! Ja, sie haben das auch verstanden, auch der eine hat es verstanden - mit seinem Gehirne, aber nicht mit seinem Herzen!“
14] Auf dies Wort wurden alle verlegen, und die Jünger fragten Mich, wer es sei, den Ich gemeint habe.
15] Ich aber sagte: „Noch ist es nicht an der Zeit, solches vom Dache herab kundzutun; wenn aber die Zeit kommen wird, da werdet ihr euch dieser Meiner Worte wohl erinnern. Wer von euch aber nun irgendeine Vermutung hegt, der behalte sie in seinem Herzen; denn vor der Zeit soll kein Baum gefällt werden!“
16] Nach solchen Meinen Worten begriffen die Jünger wohl, daß Ich den Judas Ischariot gemeint hatte; aber sie schwiegen und gaben durch kein Zeichen ihre begründeten Mutmaßungen kund.

17] Es fragten Mich aber Matthäus und Johannes, ob sie solche herrlichste Lehre wohl aufzeichnen dürften zum Besten der Menschen.
18] Sage Ich: „Ihr möget die Lehre der Liebe, Sanftmut und Geduld wohl auf ein eigenes Blatt vorderhand anmerken, - aber nicht zu dem im Hauptbuche bereits Geschriebenen; denn Ich werde davon noch mehrmals reden und werde es euch schon anzeigen, wann ihr es aufzuzeichnen habt. - Nun aber wollen wir ruhen und uns abermals in der inneren Selbstbeschauung üben, welche da ist eine wahre Sabbatfeier in Gott!“

19] Auf diese Worte aus Meinem Munde ward alles stille im Hause, und wir saßen also bei drei Stunden.
20] Nach dieser Zeit aber sagte Ich: „Nun ist der Sabbat vollbracht, und wir können nun auch unsern Gliedern eine nötige Ruhe spenden!“ - Darauf begab sich alles zur Ruhe des Fleisches, und es ward schon ziemlich spät am Morgen, als wir die Lager verließen.

 
 
 
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